Sachsen Wählt

Positionspapier des HVS zur Landtagswahl am 1. September 2024

Ausgewählte Themenbereiche zu den Erwartungen des Einzelhandels an die Landespolitik

 

Stand: April 2024

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Positionspapier 2024 (127,8 KiB)

Wir sind Unternehmer, Versorger, Arbeitgeber und Partner

Der Handel als drittgrößte Wirtschaftsbranche und zweitgrößter Arbeitgeber im Freistaat Sachsen ist mit einem jährlichen Umsatz von knapp 27 Mrd. Euro verantwortungsvoller Pfeiler der sächsischen Wirtschaft und leistet mit seinen über 13.000 sächsischen Einzelhandelsunternehmen an mehr als 20.000 Standorten und über 113.000 sozialversicherungspflichtigen Mitarbeitenden einen wertvollen Beitrag für Wachstum, Wohlstand, Lebensqualität und Beschäftigung. Wir sind stolz, mit rund 6.000 Ausbildungsplätzen und über 60 dualen Ausbildungsberufen, Abiturientenprogrammen und dualen Studiengängen jungen Menschen vielfältige Karriere- und Entwicklungsmöglichkeiten bieten zu können.

Tagtäglich kaufen über 2 Millionen Verbraucher im sächsischen Einzelhandel ein – im Supermarkt und im Discounter, im inhabergeführten Fachgeschäft, im Fachmarkt und im Warenhaus, im Shoppingcenter und im Internet. Der Einzelhandel ist mit einem Anteil von 16 % am BIP die stärkste Kraft der Binnenwirtschaft und durch sein vielfältiges Warenangebot unverzichtbarer Versorger für die Menschen.

Handel ist aber schon immer mehr als Konsum: Der Handel ist wie kaum eine andere Branche nah am Menschen. Er prägt maßgeblich unser Zusammenleben und das Erscheinungsbild unserer Städte und Gemeinden. Er schafft einen sozialen Ort, einen Ort der Begegnung und des Miteinanders, und ist mit seinem hohen gesellschaftlichen Engagement unverzichtbar für das Gemeinwohl.

Der Erfolg der Handelsbranche hängt dabei aber nicht nur vom wirtschaftlichen Geschick der Unternehmer und den Kaufentscheidungen der Verbraucher ab. Zahlreiche weitere Faktoren beeinflussen den Alltag im Einzelhandel – von der Aufenthaltsqualität, Sicherheit und der Erreichbarkeit der Innenstädte, Anreizen für nachhaltige Geschäftsmodelle über die Digitalisierung bis hin zur Ausbildung und Fachkräftesicherung. Faktoren, auf die die Landespolitik durch verlässliche Entscheidungen und die Gesetzgebung maßgeblichen Einfluss nehmen kann. Soll der Einzelhandel im Freistaat Sachen seiner bestimmenden Leitfunktion auch in der Zukunft gerecht werden, müssen die Bedingungen vor Ort stimmen und Planungssicherheit gegeben sein.

Der Handelsverband Sachsen (HVS) – legitimiertes Sprachrohr der Branche – fordert die künftige Staatsregierung daher auf, sich auf Landesebene aber auch gegenüber dem Bund für bessere Rahmenbedingungen für den sächsischen Einzelhandel und den Wirtschaftsstandort Sachsen einzusetzen, damit auch in Zukunft ein starker und entwicklungsfähiger Handel erhalten bleibt.



I. Gewährleistung von Sicherheit und Ordnung | Konsequente Strafverfolgung | Keine Bagatellisierung und Toleranz bei Straftaten

Delikte gegen das Eigentum

Die Zahl an (schweren) Ladendiebstählen im Einzelhandel ist nach den veröffentlichten Kriminalstatistiken seit Jahren hoch und zuletzt wieder gestiegen. Dabei zeigt die Statistik jedoch nur die von der Polizei erkannten, erfassten und angezeigten Fälle. Die geschätzte Dunkelziffer beträgt nach Angaben des EHI Retail Instituts über 98 %, so dass die Kriminalstatistik danach nur eine sehr eingeschränkte Aussagekraft hat und somit lediglich einen minimalen Ausschnitt der Realität abbildet.

Besonders zu beobachten ist, dass die Tätergruppen einerseits immer jünger werden, gewaltbereiter sind und immer öfter auch Waffen zum Einsatz kommen und andererseits immer häufiger gewerbs- und bandenmäßig organisierte Gruppen mit Diebstahlshandlungen auf Einzelhandelsflächen vorgehen. Die Täter agieren arbeitsteilig, hoch professionell und mit gezielter Aufgabenverteilung in schwer aufzudeckenden Netzwerken. Sie sind überregional tätig und technisch gut ausgestattet. Bei der Tatbegehung beschränken sie sich keineswegs auf den Diebstahl einzelner Produkte, sondern stehlen eine Vielzahl von Waren, oft ausgewählter Marken- und Qualitätsprodukte, um schon bei einer einzigen Tat eine hohe Beute zu erzielen. Eine effiziente Tatbegehung steht dabei im Vordergrund.

Während die Übergriffe auf das Eigentum der Einzelhändler tendenziell zunehmen und mit immer größerer krimineller Energie ausgeführt werden, müssen die Einzelhändler nach einer angezeigten Straftat nicht selten zur Kenntnis nehmen, dass eingeleitete Strafverfahren von der Staatsanwaltschaft eingestellt werden, unter anderem weil vorgeblich „kein öffentliches Interesse“ an der Strafverfolgung bestünde. Angesichts dieser praktischen Erfahrungen und der Tatsache, dass selbst Strafanzeigen nicht zur Verbesserung der Situation führen, sind viele Einzelhändler frustriert und verzichten zunehmend auf eine Strafanzeige. Diese Entwicklung halten wir für hoch problematisch, weil dadurch die Akzeptanz des Rechtsstaats ernsthaft gefährdet wird und das Vertrauen in ihn schwindet.

Zudem geht der jährliche wirtschaftliche Schaden in der gesamten Branche, der infolge der geschilderten Tatbestände eintritt, in die Milliarden (EHI Retail Institut 2023: deutschlandweit ca. 2,44 Mrd. Euro allein Ladendiebstahl durch Kunden). Daraus resultiert auch eine erhebliche Belastung der Volkswirtschaft, denn die Schäden durch den Diebstahl wirken sich für die Verbraucher nicht nur tendenziell preissteigernd aus. Vielmehr gehen dem Fiskus hierdurch auch erhebliche Mehrwertsteuereinnahmen verloren.

Der Handelsverband und die Einzelhandelsunternehmen arbeiten seit vielen Jahren auf unterschiedlichsten Ebenen an der Problematik. Um ihr Eigentum und ihre Mitarbeiter zu schützen, investieren die Einzelhandelsunternehmen in Deutschland zudem rund 1,45 Mrd. Euro pro Jahr (Quelle: EHI Retail Institut 2023) in Maßnahmen zur Reduzierung von Inventurdifferenzen (Objekt- und Artikelsicherungsmaßnahmen, Kameraüberwachung, Detektiveinsätze, Testkäufe etc.). Berücksichtigt man darüber hinaus alle internen Aktivitäten (Schulungsmaßnahmen, Bestandskontrollen, Datenanalysen etc.), ergeben sich bei konservativer Schätzung weitere Kosten in Höhe von 1,35 Mrd. Euro, so dass sich die Gesamtkosten auf ca. 2,8 Mrd. Euro pro Jahr summieren. Die in Bezug genommenen unverzichtbaren, aber sehr kostenintensiven Schutzmaßnahmen wirken sich leider ebenfalls erhöhend auf die Verbraucherpreise aus. Die Möglichkeiten des Einzelhandels, sich durch präventive Maßnahmen selbst vor Eigentumsverletzungen und weiteren Delikten zu schützen, sind dabei weitgehend ausgeschöpft. Daher ist dringende Unterstützung durch die Landesregierung nötig.

Zusätzlich zu den zuvor dargestellten Eigentumsdelikten führen auch Vandalismus sowie das meist großflächige unberechtigte Besprühen von Fassaden, Rollläden, Schaufenstern, Türen, Werbetafeln bis hin zu Firmenfahrzeugen nicht nur zu einer Verletzung des Eigentums, sondern auch zu einer erheblichen Kostenlast für die Betroffenen sowie Beeinträchtigung der Optik und damit der Attraktivität und Aufenthaltsqualität unserer Städte. Selbst bei Aufgriff der Täter gehen diese Verfahren oft ohne angemessene Sanktionen aus.

Delikte gegen die körperliche Unversehrtheit und weitere Straftaten

Neben den Delikten gegen das Eigentum führen darüber hinaus körperliche Übergriffe und weitere Vorfälle (Beleidigungen, Pöbeleien, Drogenhandel etc.) im Geschäft und im öffentlichen Raum nicht nur zu physischen und psychischen Schäden, sondern auch zu einem hohen Verlust des Sicherheitsgefühls und zu Imageverlusten der Innenstädte und Handelsstandorte. Die Folgen sind spürbar abnehmende Frequenzen, da potenzielle Kunden aufgrund eines wachsenden Unsicherheitsgefühls die Innenstädte und Einzelhandelsstandorte meiden.

Vor dem Hintergrund der dargestellten Sachverhalte fällt es den Handelsunternehmen immer schwerer, Personal für die jeweiligen Verkaufsstellen zu finden. Zudem bleiben bei den unschuldig beteiligten Mitarbeitern nach entsprechenden Vorfällen oftmals Traumata zurück, Mitarbeiter erscheinen aus Angst nicht mehr zur Arbeit oder fallen längerfristig krankheitsbedingt aus. Darüber hinaus führt der Verlust der Sicherheit und des Sicherheitsgefühls während der Arbeitszeit sowie auf dem Arbeits- und Heimweg dazu, dass die Beschäftigten nicht mehr an bestimmten (innerstädtischen) Standorten tätig sein möchten oder sogar die Branche wechseln.

Jetzt handeln!

  • Der Einzelhandel erwartet von der Politik (straf- und strafprozessrechtliche) Rahmenbedingungen, die präventiv wirken und ferner konsequente repressive Maßnahmen der Justiz und Polizei sicherstellen. In diesem Zusammenhang ist eine konsequente Strafverfolgung und Ahndung der Delikte im Einzelhandel zu gewährleisten und den Bürgern damit zu signalisieren, dass der Staat geltendes Recht durchsetzt und das Eigentum schützt. Eine Bagatellisierung von Straftaten wirkt hier kontraproduktiv.

  • Die heute von Staatsanwaltschaften und Gerichten teilweise zu großzügig genutzten Möglichkeiten zur Verfahrenseinstellung sind einzuschränken, um eine Bestrafung der Täter in der Praxis zu gewährleisten. Es muss dabei auch ausgeschlossen werden, dass Strafverfahren aus „Effizienzgründen“ eingestellt werden.

  • Es bedarf einer an die Lage angepassten personellen Ausstattung der Staatsanwaltschaften sowie der Polizei und Ordnungsbehörden zur Sicherstellung der Präsenz in den Städten und eines schnellen Zugriffs sowie der Hebung des Sicherheitsgefühls. Eine gesetzliche Grundlage für die Präsenz vor Ort könnte hier ein sächsisches Wachpolizeigesetz bilden.

  • Die Videoüberwachung im öffentlichen Raum muss erleichtert und Hürden abgebaut werden. Dadurch werden neben präventiven Wirkungen auch die Erfolgschancen der polizeilichen Ermittlungstätigkeit verbessert.

  • Die Ertüchtigung, die Zusammenarbeit und der Datenaustausch aller Beteiligten im Bereich der Strafverfolgung sind Grundvoraussetzungen für eine Verbesserung der Situation.

II. Stärkung der Innenstädte und Stärkung der Nahversorgung im ländlichen Raum

1. Zukunftsfähige Innenstädte und attraktiver ländlicher Raum

Die Innenstädte als Handelsstandorte Nummer eins befinden sich mitten in einem Transformationsprozess. Viele Städte in Sachsen sind dabei in Not und erleben eine Zunahme der Leerstände. Früher attraktive und vitale Zentren verlieren an Zugkraft, vielerorts finden immer weniger Menschen den Weg in die Einkaufsstraßen und Ladenzeilen. Hier müssen Lösungen für eine Neuausrichtung, eine hohe Aufenthaltsqualität und gesunde sowie vielfältige Nutzungsmischung (Multifunktionalität) aus einem starken Handel, Gastronomie, Dienstleistung, Verwaltung, Wohnen, Arbeit sowie Freizeit, Kultur und Entertainment gefunden werden.

Im ländlichen Raum entziehen die Folgen des demographischen Wandels, wachsender Mobilität und ein negativer Wanderungssaldo vielen Unternehmen die Tragfähigkeit. Damit einher geht eine Verschlechterung der Versorgungssituation und die Gefahr der Abnahme zentraler Elemente der Daseinsvorsorge. Orte der Kommunikation und Begegnung verschwinden und mit ihnen auch das Engagement vor Ort – sei es wirtschaftlich oder sozial. Der Handel auf dem Land ist nicht einfach nur ein Versorger – er ist gerade hier ein Ort, der Identität stiftet und Heimat schafft. Dieser Mehrwert ist besonders im ländlichen Raum von hoher Bedeutung und zahlt auf die Lebensqualität der Menschen ein. Sachsen steht also vor der Herausforderung, in den ländlichen Regionen auch zukünftig eine wohnortnahe, integrierte und zeitgemäße Nahversorgung mit Gütern des kurz- und mittelfristigen Bedarfs sicherzustellen.

Jetzt handeln!

Es bedarf einer grundlegenden und umfassenden Debatte zur Zukunft vitaler Städte sowie lebenswerter und attraktiver ländlicher Räume und vor allem darüber, wie wir es gemeinsam schaffen, den Handel als bestimmende Leitfunktion zu stärken, zukunftsfähig aufzustellen und den beschriebenen Trend in den Städten und auf dem Land umzukehren. In diesem Kontext sollten in Form eines gemeinschaftlichen Austauschs wichtige Zukunftsfragen der Branche erörtert und Maßnahmen für eine Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit des Einzelhandels herausgearbeitet werden. In Zeiten der digitalen Transformation müssen darüber hinaus Lösungen für unsere Städte und den ländlichen Raum gefunden werden, wie wir diese für Konsumenten attraktiv halten, die urbane Vielfalt sichern oder auch neu schaffen.

In ein zu erarbeitendes Zukunftsprojekt sollten daher unter anderem folgende Themen einbezogen werden:

  • Attraktivierung des öffentlichen Raums und Gestaltung im Sinne der Baukultur,

  • Förderprogramme in der Stadt- und Ortsentwicklung sowie für Zukunftsentwicklungen (z. B. Förderrichtlinie „Regionales Wachstum“) sind verlässlich fortzuführen und zeitgemäß sowie niedrigschwellig weiterzuentwickeln,

  • Standortpolitik – nachhaltige Stadtentwicklung heißt Ansiedlungen aktiv steuern,

  • Überprüfung und Anpassung des Raumordnungsrechts,

  • verkehrliche und bedarfsgerechte Erreichbarkeit für Individual- und Lieferverkehr ohne Regulative wie beispielsweise eine City-Maut,

  • Klimawandel und Energiekrise erfordern eine Neuausrichtung des Denkmalschutzes, Maßnahmen zur energetischen Optimierung von Gebäuden sind unbürokratisch und finanziell zu fördern,

  • Förderung des Stadt- und Standortmarketings sowie des Citymanagements,

  • Ausbau der digitalen Infrastruktur sowie

  • Sicherung der Nahversorgung im ländlichen Raum in Form alternativer Angebotsformen (gemeindeübergreifende Zusammenschlüsse und Kooperationen, interkommunale Konzepte und Versorgungsknoten, Dorfläden mit gebündelten Dienstleistungsangeboten, mobile oder personalfreie Versorger etc.) und mit auskömmlicher Verkaufsfläche.

2. Rechtssichere Sonntagsöffnungen

Der Sonn- und Feiertagsschutz hat für den Handelsverband Sachsen einen hohen Wert. Die Durchführung von einzelnen Sonntagsöffnungen pro Jahr ohne Anlassbezug ist jedoch ein wichtiges Element des Standortmarketings und für den Erhalt eines attraktiven Handelsangebotes.

Das Sächsische Ladenöffnungsgesetz (SächsLadÖffG) ermächtigt die Gemeinden unter anderem dazu, die Öffnung von Verkaufsstellen an jährlich bis zu vier Sonntagen zwischen 12:00 Uhr und 18:00 Uhr durch Rechtsverordnung zu gestatten. Hierfür bedarf es jedoch stets eines besonderen Anlasses. Die dazu entwickelten Anforderungen der Verwaltungsgerichte sind jedoch so hoch und zum Teil undurchsichtig, dass es den Kommunen kaum noch möglich ist, rechtssichere Genehmigungen für Sonntagsöffnungen zu erteilen. Im Ergebnis von angestrengten verwaltungsgerichtlichen Verfahren kommt es daher oft zu kurzfristigen Absagen von bereits durch die Kommunen genehmigten und in der Öffentlichkeit angekündigten Sonntagsöffnungen. Diese kurzfristigen Absagen kosten den Einzelhandel allein aufgrund bereits veranlasster Marketingmaßnahmen viel Geld und schaden dem Image der Branche aber auch der Städte. Hinzu kommt, dass der Aufwand für und das Prozessrisiko bei Festsetzungen verkaufsoffener Sonn- und Feiertage inzwischen so groß sind, dass Einzelhändler respektive Kommunen mittlerweile davon Abstand nehmen, verkaufsoffene Sonn- und Feiertage überhaupt zu beantragen beziehungsweise festzusetzen.

Jetzt handeln!

Vor dem Hintergrund der erforderlichen Planungs- und Rechtssicherheit bedarf es daher dringend einer Gesetzesänderung des SächsLadÖffG. Dabei geht es nicht darum, den Sonntagsschutz in Frage zu stellen und die Anzahl der verkaufsoffenen Sonntage auszuweiten. Vielmehr bedarf es einer gesetzlichen Grundlage für eine einfache, unbürokratische und vor allem rechtssichere Umsetzung der bereits im Gesetz vorgesehenen Sonntagsöffnung. Unter anderem eine Regelung zu Sachgründen ohne Anlassbezug im Rahmen der vom Bundesverfassungsgericht gegebenen Ausgestaltungsbefugnis würde dazu beitragen, die Rechtsunsicherheit zu beseitigen, die Kommunen zu entlasten, das Prozessrisiko zu mindern und die Planbarkeit der Kommunen, Einzelhändler und der Allgemeinheit zu steigern.

Darüber hinaus bedarf es mit Blick auf die Sonntagsöffnungen digitaler Verkaufsstellen ohne Verkaufspersonal ebenso einer rechtssicheren Lösung im SächsLadÖffG.

III. Sicherung von Unternehmensnachfolgen und Start einer Gründungsoffensive

Erfolgreiche Unternehmensnachfolgen im Handel sind in den vergangenen Jahren deutlich weniger geworden. Die Gründe hierfür liegen nicht allein in der Demografie und Fachkräftesituation. Vielmehr ist das Interesse an der Übernahme vorwiegend kleiner und mittelständischer Unternehmen – sei es in der Familie oder durch externe Lösungen – nicht zuletzt auch vor dem Hintergrund der aktuellen Rahmenbedingungen, aber auch der generell gegenüber Unternehmern abnehmenden Wertschätzung rückläufig. Risikobereitschaft wird nicht mehr belohnt, unternehmerischer Erfolg häufig nicht mehr anerkannt.

Hinzu kommen oftmals Fragen der Rentabilität, anstehender Investitionen in Modernisierung und Digitalisierung und der generellen Finanzierung der Nachfolge. Nicht zuletzt wirken die vielen komplexen Regularien und Anforderungen und damit zusätzlichen Belastungen und Herausforderungen kontraproduktiv auf mögliche Unternehmensnachfolgen.

Auch die Zahl der Gründungen im Handel ist rückläufig. Mit einer Verbesserung des Gründungsklimas und zusätzlicher Impulse sollte zum Gründen motiviert werden. Die „Lust auf Selbständigkeit“ muss wieder entfacht werden.

Jetzt handeln!

Es bedarf einer Verständigung darüber, welche Anreize für Betriebsübernahmen und welche Unterstützungsmöglichkeiten in Form passgenauer Förderstrukturen, bedarfsgerechter Finanzierungshilfen und Steuererleichterungen geschaffen und ausgebaut werden. In diesem Zusammenhang sollten Finanzierungswege erleichtert werden. Ferner sind die Beratungsförderung bedarfsgerecht auszustatten und unnötige bürokratische Hürden abzubauen. Es sollte den Unternehmern so einfach wie möglich gemacht werden, einen Betrieb fortzuführen.

Zudem ist ein Konsens darüber zu finden, welche Wege zur Initiierung einer neuen Gründungskultur im Einzelhandel gegangen werden können und wie eine Verbesserung des Gründungsumfelds erreicht werden kann. Dabei müssen die Wissensvermittlung intensiviert, Netzwerke aufgebaut und konkrete Unterstützungsmöglichkeiten bereitgestellt werden.

IV. Abbau bürokratischer Hürden | Schlanker Staat – effiziente und leistungsfähige Verwaltung

Bürokratische Hürden und Hemmnisse und die häufig damit verbundene notwendige akribische Detailarbeit führen zu immensen zeitlichen und auch finanziellen Belastungen sowie zur Bindung von Ressourcen im täglichen Geschäftsbetrieb. Ob Aufzeichnungs- und Dokumentationspflichten, Mitwirkungserfordernisse bei Statistiken, aufwendige Verwaltungsverfahren oder aber Überregulierungen bei Verbraucherschutzgesetzen – die ausufernde Überbürokratisierung und Regelungsdichte hat sich zu einem großen Hemmnis für einen erfolgreichen Einzelhandel entwickelt.

Auf der anderen Seite zeigt sich im Bereich der öffentlichen Verwaltung trotz Personalaufbau eine bürokratische Schwerfälligkeit – es offenbaren sich Schwächen in leistungsfähigen und unternehmensorientierten Strukturen, aber mit Blick auf Entscheidungsprozesse auch in einer mangelnden Effizienz. In diesem Kontext wirkt öffentliches Handeln oft als Hindernis, wenn Projekte unter Beachtung aller Vorschriften und Verfahrenswege kaum noch realisiert und zum Erfolg geführt werden können. Lange und umständliche Verwaltungsverfahren bremsen die Wirtschaftsleistung und führen zu unnötigen Kosten und Zeitraufwand.

Jetzt handeln!

Der Handelsverband Sachsen fordert, den Bürokratieabbau ernsthaft voranzutreiben, die zahlreichen Regulierungen mit Formularen, Statistiken, Aufzeichnungspflichten und Auflagen, die insbesondere die vielen kleinen und mittelständischen Betriebe mit immenser Arbeit und Zeitaufwand belasten, einzudämmen und Förderverfahren zu vereinfachen. Bestehende Regulierungen und Abläufe müssen überdacht, verständlich, zielgenau, praxistauglich und effizient gestaltet und von überbordender Bürokratie befreit werden. Der Abbau von Bürokratie und Entlastungen muss endlich bei den Unternehmen ankommen und spürbar sein. Mit Blick auf die zahlreichen Bundesregelungen müssen dabei Initiativen aus dem Freistaat heraus gestartet und Aktivitäten angestoßen werden.

Im Bereich der öffentlichen Verwaltung bedarf es klarer und bestimmter Zuständigkeiten, kürzerer, effizienterer und transparenter Entscheidungswege, Eigenverantwortung, Flexibilität, optimierter Prozesse (Stichwort: E-Government) sowie der Nutzung eingeräumter (Ermessens-)Spielräume. Das unternehmerische Handeln muss konsequent und dienstleistungsorientiert unterstützt und darf nicht gehemmt werden.


Joachim Otto
Präsident

 

René Glaser
Hauptgeschäftsführer

5. Juni 2024: Wirtschaftspolitischer Empfang des Handelsverbandes Sachsen e. V.

Wohin steuert Sachsens Handelspolitik?

Der Handel lebt von optimistischen Verbrauchern, zuversichtlichen Unternehmen und einer verlässlichen Politik. Gegenwärtig trüben Krisenstimmung, Inflation und Unsicherheiten Konjunktur und Konsum. Während vielerorts Corona-Darlehen zu tilgen sind, steigen gleichzeitig die Kosten für Energie, Löhne u. v. m. Erhöhte Einkaufspreise und zurückhaltende Kaufneigung sorgen für schrumpfende Roherträge, aus denen die steigenden Kosten zu stemmen sind. Wie viel Einfluss hat die Politik (noch) auf wirtschaftliche Stabilität und gesellschaftlichen Zusammenhalt? Welchen Handlungsspielraum hat die sächsische Landespolitik? Und welchen Stellenwert nimmt Sachsens Handel künftig in Stadt und Land ein? Unter anderem mit diesen Fragen werden wir uns am 05.06.2024 in Dresden mit unseren Gästen aus Politik, Verwaltung und Wirtschaft auseinandersetzen. Dazu begrüßen wir auch unseren sächsischen Ministerpräsidenten Michael Kretschmer.

Weitere Informationen zum Programm finden Sie in der Einladung.

Ort: Löwensaal Dresden (Dr.-Külz-Ring 10, 01067 Dresden)
Anmeldung: Die Anmeldung zum Wirtschaftspolitischen Empfang erfolgt ausschließlich per Mail an: hvs-land@handel-sachsen.de